Der Ausbau erneuerbarer Energien nimmt Fahrt auf – mit 15.661 Anfragen im Rahmen von Planung oder Bau neuer Solar- und Windparks allein in 2024. Doch die zunehmende Vernetzung bringt Herausforderungen: Ohne präzise Planauskunft steigt das Risiko für Schäden an bestehender Infrastruktur. Wie lässt sich das vermeiden?
Die Statistik des Portals der BIL-Leitungsauskunft zeichnet ein klares Bild: Im Jahr 2024 ist die Zahl der Planungs- und Bauanfragen für neue Solar- und Windkraftprojekte um 29 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Insgesamt wurden 15.661 Anfragen gestellt.
Bis 2022 waren diese Projekte regional stark konzentriert: Photovoltaik-Anlagen fanden sich überwiegend im Süden Deutschlands, während Windkraftprojekte hauptsächlich in anderen Teilen des Landes realisiert wurden. Seit 2023 ist jedoch eine deutliche Veränderung zu beobachten. Photovoltaik-Projekte entstehen nun zunehmend flächendeckend im gesamten Bundesgebiet.
Interessant ist hier nicht nur die Information selbst, sondern deren Quelle. Sämtliche Daten dokumentieren Planungs- und Bauaktivitäten zur Errichtung von Energieinfrastruktur innerhalb der Zuständigkeitsbereiche bestehender Infrastruktur, die aus Sicht des Betreibers einer besonderen Beobachtung unterliegen. Jegliche Einflüsse, die diese Bereiche tangieren oder überschneiden – selbst kurzfristig, etwa durch einen Schwerlasttransport für Materialien – werden als sicherheitsrelevant eingestuft. Dadurch steigt der Abstimmungsbedarf unter allen Beteiligten erheblich.
Risikominimierung in komplexen Zuständigkeitsbereichen
Der Ausbau erneuerbarer Energien benötigt nicht nur Platz für Wind- und Solarparks, sondern auch die entsprechende Netzinfrastruktur – von neuen Stromtrassen über Umspannwerke bis hin zu weiteren Netzelementen zur Integration dieser Energiequellen. Dabei kommt auch hier der Umstand zum Tragen, dass sich diese Bauprojekte zwangsläufig mit bereits bestehenden Leitungssystemen überschneiden.
Ein Blick in den VHV Bauschadenbericht Tiefbau 2022/2023 zeigt, dass Leitungsschäden im Bauprozess mit rund 88 Prozent weit oben in der Skala rangieren. Ein weit verbreitetes Missverständnis ist, dass diese Schäden hauptsächlich durch fehlende Planauskünfte entstehen. Tatsächlich sind es jedoch oft die Bauarbeiten selbst, die zu Beschädigungen führen.
Es liegt daher im eigenen Interesse von Infrastrukturbetreibern, genau zu wissen, welche Projekte in ihrem Umfeld entstehen. So können frühzeitig Maßnahmen zur Risikominimierung ergriffen werden. Dass dieses Thema bislang nicht stärker in den Fokus gerückt ist, könnte daran liegen, dass die Schadensfälle aktuell noch nicht in großem Ausmaß auftreten. Doch mit zunehmender Vernetzung und einem wachsenden Marktumfeld dürfte die Komplexität der Zuständigkeiten weiter steigen.
Um einen störungsfreien Betrieb zu gewährleisten, ist es daher sinnvoll, eine Sicherheitszone als Frühwarnsystem um die eigenen Infrastrukturen zu legen. Besonders betroffen sind die Verbindungsleitungen zwischen den erneuerbaren Energieanlagen und dem Netzanschlusspunkt. Hier besteht das höchste Risiko für ungewollte Fremdeingriffe, da die genaue Lage der Leitungen nicht immer offensichtlich ist.
Ein Auskunftsportal, welches geografisch exakte Informationen zu Bauvorhaben inkl. aller Beteiligten liefert, kann diese Funktion übernehmen.
Neue Marktstrukturen, unbekannte Regionen: Warum präzise Planauskunft entscheidend ist
Die Marktsituation verändert sich rasant: Immer mehr kleine und überregionale Unternehmen beteiligen sich an der Entwicklung erneuerbarer Energieprojekte. 56 Prozent der Anfragen zur Planauskunft befinden sich 30 km um den Sitz des Planers oder Bautätigen. In diesen Fällen profitieren die Planer von regionaler Ortskenntnis und gewachsenen Beziehungen zu Netzbetreibern. Die restlichen 44 Prozent der Anfragen verteilen sich auf Vorhaben über größere Entfernungen und Regionen hinweg. Das führt dazu, dass Planer zunehmend in Gebieten tätig sind, in denen sie die bestehende Infrastruktur womöglich nicht genau kennen. Hier fehlt den Planern oft die lokale Verankerung. Daher ist es erforderlich, Informationsqualität durch entsprechende Systeme unterstützend zu gewährleisten.
Ein zusätzlicher Aspekt erschwert den Informationsfluss: Infrastrukturen der erneuerbaren Energien werden nicht zu den Trägern öffentlicher Belange (TÖB) gezählt. Daher sind sie, von Ausnahmen abgesehen, nicht in den offiziellen TÖB-Listen der Kommunen erfasst. Das kann dazu führen, dass relevante Informationen nicht rechtzeitig oder unzureichend weitergegeben werden.
Informationsaustausch als Schlüssel zur Versorgungssicherheit
Eine zentrale Erkenntnis dieser Entwicklung ist, dass mit dem Entstehen neuer Infrastruktur auch der Informationsbedarf rund um bestehende Anlagen wächst. Im Sinne der Verkehrssicherungspflicht sind Infrastrukturbetreiber dazu verpflichtet, über Lage und Art ihrer Anlagen Auskunft zu geben.
Es gibt bereits Dienste, die diese Leistung in unterschiedlicher Qualität und Preisgestaltung erbringen. In jedem Fall ist es essenziell, dass der Dialog zwischen Planern bzw. Bautätigen und Betreibern rechtsverbindlich geführt wird. Nur so können Planer ihrer Sorgfaltspflicht und Betreiber ihrer Verkehrssicherungspflicht zuverlässig nachkommen.
Mehr Kooperation und aktiver Informationsaustausch
Die Energiewende ist ein komplexes Zusammenspiel vieler Akteure – von Projektentwicklern über Netzbetreiber bis hin zu Bauunternehmen. Eine zentrale Herausforderung besteht darin, Planungen und bestehende Infrastrukturen miteinander zu verknüpfen, um Risiken zu minimieren und die Versorgungssicherheit langfristig zu gewährleisten.
Die Lösung liegt in einer besseren Selbstorganisation der Beteiligten, einem aktiven Informationsaustausch und einer Standardisierung des Auskunftsdialogs. Dies schützt die eigene Infrastruktur vor Fremdschäden, sorgt für eine solidere Planungssicherheit von Bauprojekten und gewährleistet die Rechtssicherheit für alle Beteiligten.